Schätzt euch selber Wert und habt Freude an dem, was ihr macht!
Ohne dass sich jetzt sämtliche Miesepeter dazu veranlasst fühlen, all die Argumente aus der Schublade zu kramen, die das Maschinenstricken madig machen oder nicht als Handarbeit betrachten und lediglich die negativen Seiten beleuchten ‒ möchte ich heute einmal etwas am Image für dieses geniale Hobby oder auch Beruf arbeiten.
Das Entwerfen eines Strickschnittes, das exakte Berechnen, das Umsetzen auf die Maschine, das Anbringen des Kragens sind alles sehr anspruchsvolle Tätigkeiten.
Beim Maschinenstricken selbst wird man jetzt nicht geistig überfordert, aber das Arbeiten an der Maschine erfordert doch ganz schön viel Geschick, gute Augen und eine gute Feinmotorik.
Es braucht Geduld und Durchhaltevermögen und das meist für wenig Geld. Zu sehen, wie andere Berufe so entlohnt werden, die dann unsere Tätigkeit nicht wertschätzen, ist manchmal ein Schlag ins Gesicht.
Aber all die positiven Aspekte, die das Dasein als Stricker so mit sich bringen, wiegen für mich so unendlich schwer! Schwerer als alles negative!
Angefangen beim Arbeiten mit Naturprodukten… aus unscheinbaren Fäden stellen wir Luxusartikel her.
Wer sind diese Leute die meinen, dass eine Rolex oder eine seltsame Tasche von Prada, die nichts können außer teuer sein, Luxus sind und mehr Wert als ein handwerklich gearbeitetes Kleidungsstück?
Ich werte mein Ego lieber mit einem tollen Strickstück auf. Definiere mich lieber über Dinge, die ich selber erschaffen habe!
Das Herstellen von gut sitzender Kleidung verlangt jedem alles ab. Alle Sinne sind gefragt, das Können und Geduld sind die Taktgeber!
Bleibt dran, schätzt euch selber Wert und habt Freude an dem, was ihr macht!
Euer Werner Hafenbradl
Lieber Werner,
ich selbst habe eine kaufmännische und eine Ausbildung als Damenschneider in einem Maßatelier absolviert,
und jahrelang individuelle Maßbekleidung für meine Kunden hergestellt.
Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, Dir für Deine tollen Worte zu danken und würde noch einen Schritt weiter gehen, denn ich bin tatsächlich der Meinung, dass wir durch handwerkliche Tätigkeiten zu glücklicheren Menschen werden:
Wir kommen aus einer Welt, in der wir durch die natürlichen Gegebenheiten auf unsere eigenen Hände angwiesen
waren. Die Menschen waren immer insofern in diese Welt eingebunden und daher auch mit ihr verbunden, als dass Sie die Geschenke der Natur verstanden und weiterverarbeit haben.
Durch Jahrtausende alte Erfahrungen und handwerkliches Können wurde Korn angepflanzt, gedroschen, gemahlen
um schließlich verbacken zu werden.
Wolle wurde geschoren, gewaschen, gefärbt, versponnen um dann auf Webstühlen oder mit zwei einfachen Stricknadeln
weiterverarbeitet zu werden.
Diese Liste könnte noch lange weitergeführt werden, aber alle diese Tätigkeiten haben eines geimeinsam:
Alle Handwerker müssen „ihre“ Materialien und Produktionsvorgänge gedanklich durchdringen.
Wir müssen genau verstehen, warum wir etwas so oder anders handhaben müssen, und in welcher Reihenfolge.
Diese Tatsache allein befähigt uns einer gewissen Empathie, nämlich ein Material wie z.B. die Schurwolle zu verstehen, sie
erfahrbar zu machen. Warum kann eine Wollfaser im heißen Zustand verformt werden und bleibt dann im abgekühlten Zustand
in dieser Form?
Warum und wie stark filzt Wolle durch Seife, Wasser, Temperatur und mechanischer Einwirkung?
Im Laufe der Herstellung nur eines Werkstückes stellen wir uns hunderte dieser Fragen und werden dadurch sozusagen eins mit ihm.
Das gedankliche Durchdringen der Materie schafft also eine Verbindung zur Welt in der wir Leben indem wir uns Wissen aneignen
und es direkt auf das Werkstück übertragen.
Das Handwerken schlägt nun zwei Fliegen mit einer Klappe, denn am Ende halten wir ein Werkstück in den Händen, an dem
wir als Person gewachsen sind und gleichzeitig ein Ausdruck unserer Selbst darstellt, da es einmalig ist.
Mit jedem Werkstück wächst unsere Erfahrung und unser Wissen, womit wir schneller und besser werden.
Und hier kommst Du ins Spiel. Ich möchte Dir an dieser Stelle herzlich danken für Deine liebevolle Art, für Deine Emphatie und
Dein unermüdliches Engagement.
In Deinem Unterricht hast Du mich genau dort abgeholt, wo ich stand und immer das Wesentliche im Blick gehabt, damit es „Klick“ gemacht hat.
Wir leben in einer Welt, in der sich die meißten Menschen von jeglicher Art handwerklicher Produktion entfremdet haben. Ich kenne Leute, die können noch nicht einmal eine Salatgurke raspeln, ohne sich dabei die Arme zu verdrehen.
Diese Entfremdung von dem was unsere Welt in Wirklichkeit zu bieten hat, außer das neueste Apple iPhone oder die neueste
Entwicklung um Kim Kardashian ist erschreckend.
Du trägst mit Deiner Maschinenstrickschule dazu bei diese Welt ein kleines Stückchen besser zu machen.
Nach stundenlanger Arbeit ein fertiges Werkstück in den Händen halten zu dürfen erfüllt mich mit Stolz, mit Glück aber auch mit
Demut für unsere wunderbare Welt, mit allem was sie uns zu bieten hat.
Glücklich wird derjenige, der investiert. Je mehr man übt und versteht desto größer ist der Erfolg. Investiert in Euch selbst, es lohnt sich …..und es bleibt für immer.
Herzlichst
Thomas
Lieber Werner, Du hast es trefflich auf den Punkt gebracht.